Freitag, 10. Oktober 2014

Das kleine Mädchen und das Gender-Dingens

Im Frühjahr habe ich das Bloggen nicht mehr geschafft, es klappte einfach nicht. Aber einmal, da juckte es mir doch sehr in den Fingern, etwas aufzuschreiben, nämlich, als es in diversen Mama-Blogs um das Thema "Gender" ging. Da wurde diskutiert, warum kleine Mädchen denn bloß immer als Prinzessin zum Fasching gehen müssen, warum alles rosa sein muss und wieso man sogar Überraschungseier speziell für Mädchen kauft. In Kommentaren in sozialen Netzwerken fand ich dann so Aussagen wie: OMG- da gibt es doch echt Leute, die meinen, ihre Tochter jeden Tag als Prinzessin verkleidet zum Kindergarten bringen zu müssen. Kopschüttel, kopfschüttel.

Äääääh. Ja. Vielleicht schütteln da ausgerechnet die Menschen die Köpfe, die keine Tochter haben? Ich habe mich nun wirklich mehrfach reflektiert, ob und inwieweit ich die kleine Miss jemals in die süße rosa Schiene gedrängt habe, und bin mir da wirklich keiner Schuld bewusst. Ich fand es von Anfang an immer irgendwie klasse, dass sie gerne mit Sand und Wasser gematscht und sich dreckig gemacht hat. Von mir aus brauchte sie keine Puppen, kein Krönchen und auch nur bedingt eine rosafarbene Welt. Ja gut, ich habe keine Angst vor rosa, ich mag die Farbe (und den Namen, hihi), aber es ist nur eine Farbe. Und wenn sie dieser Tage als Synonym für niedliche Weiblichkeit gesehen wird, dann ist das eben so, ändert aber nichts daran, dass sie mir gefällt. Zum Ausgleich mag ich weder lila noch pink und habe meine Tochter auch gerne in blauen Kleidchen oder Jeans und Cordhose gesehen und ihr, bevor sie anfing, vehement mitzusprechen, auch gerne solche Kleidung gekauft. Aber: ab dem 3. Geburtstag begann bei der kleinen Miss die "Prinzessinnen-Phase". Und weil sie alles, was sie tut, besonders gründlich tut, musste eben fortan die Prinzessinnentracht jeden Tag getragen werden. Punktum. Die Krone war das Minimum an Accessoire und so haben wir denn auch in die diversen Freundebücher, die im letzten Jahr hier so beschrieben werden mussten, unter "besonderes Merkmal" immer geschrieben: "nie ohne Krone unterwegs".







Es ist nicht ab und zu, sondern eine zeitlang sehr regelmäßig passiert, dass die Miss nicht nur mit Krone, sondern mit "großem" Kleid, Glitzerschuhen, Krone und Zauberstab in den Kindergarten gehen wollte. Und ehrlich, was zum Teufel ist schlimm daran? Wo, wenn nicht dort, soll das Kind das Rollenspiel denn ausleben? Und hätte es etwas gebracht, jeden Morgen zu sagen: Du bist zwar ne tolle Prinzessin, aber willst Du nicht auch mal als Feuerwehrmann gehen? Das ist auch ein sehr ehrbarer Beruf..... Pfffft. Die Miss hätte mir was gehustet! Das Prinzessinnending hat sich eh im Verlaufe des Kindergartentages sehr gelockert, morgens Prinzessin und nachmittags kam sie mir oft als wilde Räuberin  mit Sand in den Haaren nur in (verdreckten) Leggins entgegen. Und ich kann nur sagen- mir war es völlig schnuppe, wenn sie mit Krönchen in der Eisdiele saß. Ich wusste immer, dass das eine Phase ist, die irgendwann vorbei geht. Ok, sie war intensiv, die Phase. Und dauerte lange. 


Und mir ist auch erst vor ein paar Tagen so richtig aufgegangen, dass sie wohl vorbei ist. Als ich Fotos von meinem Telefon auf den Computer geladen habe. 





Das Kind läuft ohne Krone auf dem Kopf herum (ok, da ist eine auf dem Pulli, aber das ist echt Zufall). Die Krone wird quasi weitergereicht... Die Phase ist vorbei, und zwar ganz von alleine, eben durch Zeitablauf.

Ich denke, es ist sehr ok, als kleines Mädchen eine Weile dauernd Prinzessin spielen zu wollen, und dient sicher auch der weiblichen Identitätsfindung. Ich finde es jedenfalls schön, dass die Phase jetzt ausgelebt wurde. Dann wird die kleine Miss hoffentlich, wenn sie mit 30 oder wann immer Hochzeit feiert, nicht so eine Braut, die Reifrock, Kutsche und Diadem haben muss um sich "einmal im Leben wie eine Prinzessin zu fühlen". Wenn ich solche Frauen sehe, denke ich nämlich immer: "Och Du Arme, Du durftest das nie ausleben, und das haste jetzt davon." Weil, schön ist anders- finde ich. Und zu einer erwachsenen Frau passt das Prinzessinnenspiel an einem ihrer wichtigsten Tage weniger als in den Kindergarten. Meine Meinung. 

Was das Überraschungsei angeht- da nervt mich ganz was anderes, nämlich dass der zu bebastelnde Inhalt angeblich von kleinen Kindern zu bewältigen sein soll, und selbst ich das manchmal kaum hinbekomme. Da kaufe ich ehrlich lieber gleich das Ei, in dem garantiert eine Elfe drin sitzt, dann ist die Enttäuschung nach dem Aufmachen (die bei den neutralen Eiern tatsächlich oft vorkommt) vermieden. Noch besser ist es natürlich, die blöden Teile gar nicht zu kaufen.

Ich will nicht zu flapsig überkommen, natürlich ist es wichtig, kleine (und große) Mädchen darin zu bestärken, dass sie alles werden können, was sie möchten. Natürlich ist es wichtig, sie nicht auf eine niedliche Rolle zu reduzieren oder in ein Klischee zu drücken. Aber man muss eben auch nicht hysterisch werden, wenn kleine Mädels eine Zeitlang Glitzerkram lieben, sich schminken wollen oder eben als Prinzessinnen verkleiden - und das eine hat mit dem anderen meiner Meinung nach, wenn überhaupt, nur ganz am Rande zu tun. 

Herzliche Emigrüße!

5 Kommentare:

  1. sic!

    Das kann ich nur unterschreiben. Genau so...

    Sie Süße ist auch gerne Prinzessin. Immer noch und sie ist jetzt 6, aber sie ist es weitaus seltener als noch mit 3 oder 4.
    Sie liebt ihre Kleidchen und Klackerschuhe und das darf sie auch.
    Zu Halloween hat sie sich ein "Elfenkleid" in schwarz und lila gewünscht. Bekommt sie, warum nicht. Sie mag es eben und bestimmt nicht weil ich sie dazu "hingedrängt" habe.

    Mir tut es immer leid, wenn ich sehe dass man den Kindern Genderverhalten aufdrängt.

    Das gibt es auch bei Jungs.

    Der größere Junge der Schmidts (Bekannte von mir) ist drei und hat sich kürzlich beim Kinderarzt ein rosa Armband als Trösterchen für die Spritze rausgesucht. Der Vater hat es ihm zuhause abgenommen, weil der Junge schließlich nicht schwul werden soll.
    Dem Kleinen (1 Jahr) habe ich eine Bernsteinkette geschenkt, die darf der Junge nicht tragen, weil er ja nicht schwul werden soll..

    Total hirnrissig!

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    1. Hallo Crooksi, nice to meet you here :-)) Ja, aufdrängen ist Mist. Aber da habe ich ganz ehrlich, wenn überhaupt, eher bei Jungs solche Erfahrungen gemacht wie Du oben beschreibst. Mädchen - zumindest wenn sie klein sind- "dürfen" mE alles ausleben, ohne sich blöde Sprüche anhören zu müssen. Bestes Beispiel : die Fußballerin in L´s Mannschaft, die immer sehr gelobt und bejubelt wird, von umstehenden Eltern. Der kleine Junge in R´s Ballettklasse hingegen wird nach meinem Empfinden eher mal belächelt. In jedem Fall ist ein Hindrängen in jeder Hinsicht bescheuert, "genderneutrale" Erziehung allerdings mE total übertrieben... ach, darüber könnte man ja seitenweise philosophieren.... Liebe Grüße!!!

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    2. Oh! Ich lese eigentlich immer bei dir mit.
      Wusstest du das nicht?

      Habe mich erst kürzlich mit IJAJA über dich unterhalten;-)

      Und ja, es ist schon immer erstaunlich wie sehr - vor allem Jungs - immer zu "männlichen" Dingen hingedrängt werden.
      Ich finde es aber eigentlich trotzdem frauenfeindlich, weil "typische" Mädchensachen belächelt werden. So: Das ist doch "nur" für Mädchen = Weicheier....

      Erst kürzlich hatte ich wieder so ein seltsames Erlebnis: In einem "Museum zum Anfassen" war ein kleiner Kletterparcour aufgebaut. Zwei Väter mit ihren Jungs, waren dort auch zu Besuch.
      Die Süße kletterte wie eine wilde, einer der Jungen hatte Angst. Der Vater sagte doch tatsächlich zu seinem Filius. Du hast doch wohl keine Angst, schau mal das kann ja sogar ein Mädchen.

      Da bin ich echt ein wenig muffig geworden....;-)

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    3. Ja, sowas ist echt blöd und unreflektiert! L. wollte -so auch ungefähr mit 3- auch eine Zeitlang gerne rosa Prinzessinnenkleider wie seine Freundin an haben. Ich hab ihn gelassen, aber da kamen auch manchmal Sprüche wie aha, da weiß man ja schon, dass der Junge später mal schwul wird, haha. Völlig "verkloppt", wie R sagen würde :-))

      Ach wie schön, von der lieben IJAJA habe ich letztens eine Email bekommen, ich hoffe, es geht ihr recht gut!!!!

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  2. Ja! Genauso ist es hier. Meine BM mag "schicke" Sachen. Ihre Lieblingsfarbe ist zwar gelb, aber rosa, lila, Glitzer ist definitiv auch sehr chic. Sie hatte Autos, die sie vollkommen ignoriert, spielt am liebsten mit ihren Puppen. So what.

    Zur Entwicklung der eigenen Identität gehört doch wohl auch, sich diese auch dann selbst aussuchen zu können, auch wenn sie den Gendergegnern widerspricht. Sie ist ein Mädchen und freut sich eins zu sein.

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